Die billige Gnade im Kontrast zur teuren Gnade

Der Theologe und Märtyrer, Dietrich Bonhoeffer (* 4. Februar 1906 in Breslau; † 9. April 1945 im KZ Flossenbürg) prägte den Begriff der teuren Gnade im ersten Kapitel seines Werkes „Nachfolge“ (1937). Sein erster Satz darin - eine klare Ansage!

"Billige Gnade ist der Todfeind unserer Kirche. Unser Kampf heute geht um die teure Gnade."

Mit der billigen Gnade beschreibt er eine entkernte, anspruchslose Gnade. Gnade als Schleuderware, verschleuderte Vergebung, verschleuderter Trost, verschleudertes Sakrament. Eine Gnade ohne Preis, ohne Kosten, die:

  • Sünden vergibt, ohne echte Umkehr zu verlangen,

  • Jesus predigt, ohne Nachfolge zu fordern,

  • Taufe, Abendmahl und Kirche anbietet, ohne Lebenstransformation,

  • dem Menschen ein Heil verspricht, das ihn nichts kostet.

Es ist eine Gnade ohne Kreuz und ohne Opfer.

Bonhoeffer kontrastiert sie mit der „teuren Gnade“, die alles fordert – weil sie alles schenkt.

Die teure Gnade bedeutet radikale Nachfolge, Opfer, gelebten Gehorsam.

Wenn Christen dem Herrn nicht im Gehorsam nachfolgen, sondern sich nur der Gnade trösten, dann ist das laut Bonhoeffer (Zitat:) "billige Gnade als Rechtfertigung der Sünde, aber nicht als Rechtfertigung des bußfertigen Sünders, der von seiner Sünde läßt und umkehrt; nicht Vergebung der Sünde, die von der Sünde trennt. Billige Gnade ist die Gnade, die wir mit uns selbst haben. Billige Gnade ist Predigt der Vergebung ohne Buße, ist Taufe ohne Gemeindezucht, ist Abendmahl ohne Bekenntnis der Sünden, ist Absolution ohne persönliche Beichte. Billige Gnade ist Gnade ohne Nachfolge, Gnade ohne Kreuz, Gnade ohne den lebendigen, menschgewordenen Jesus Christus." (Zitat Ende)

Als ich das las, dachte ich, wie kann Bonhoeffer 1937 den geistlichen Zustand der Verkündigung in unserer Kirchengemeinde im Jahr 2025 so genau beschreiben?

Über die teure Gnade schreibt er: "Teure Gnade ist der verborgene Schatz im Acker, um dessentwillen der Mensch hingeht und mit Freuden alles verkauft, was er hatte; die köstliche Perle, für deren Preis der Kaufmann alle seine Güter hingibt; die Königsherrschaft Christi, um derentwillen sich der Mensch das Auge ausreißt, das ihn ärgert, der Ruf Jesu Christi, auf den hin der Jünger seine Netze verläßt und nachfolgt. Teure Gnade ist das Evangelium, das immer wieder gesucht, die Gabe, um die gebeten, die Tür, an die angeklopft werden muß. Teuer ist sie, weil sie in die Nachfolge ruft, Gnade ist sie, weil sie in die Nachfolge Jesu Christi ruft; teuer ist sie, weil sie dem Menschen das Leben kostet, Gnade ist sie, weil sie ihm so das Leben erst schenkt; teuer ist sie, weil sie die Sünde verdammt, Gnade, weil sie den Sünder rechtfertigt. Teuer ist die Gnade vor allem darum, weil sie Gott teuer gewesen ist, weil sie Gott das Leben seines Sohnes gekostet hat – „ihr seid teuer erkauft“ – (1.Kor.7,23), und weil uns nicht billig sein kann, was Gott teuer ist. Gnade ist sie vor allem darum, weil Gott sein Sohn nicht zu teuer war für unser Leben, sondern ihn für uns hingab. Teure Gnade ist Menschwerdung Gottes. Teure Gnade ist Gnade als das Heiligtum Gottes, das vor der Welt behütet werden muß, das nicht vor die Hunde geworfen werden darf, sie ist darum Gnade als lebendiges Wort, Wort Gottes, das er selbst spricht, wie es ihm gefällt. Es trifft uns als gnädiger Ruf in die Nachfolge Jesu, es kommt als vergebendes Wort zu dem geängsteten Geist und dem zerschlagenen Herzen. Teuer ist die Gnade, weil sie den Menschen unter das Joch der Nachfolge Jesu Christi zwingt, Gnade ist es, daß Jesus sagt: „Mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht.“
(Zitat Ende)

Wann wenden wir uns endlich wieder mit tiefem Ernst dieser teuren Gnade zu?

Und wenn wir das wollten, wie ginge das überhaupt?

Es würde damit anfangen, wenn uns bewußt würde, dass wir unseren Glauben auf die leichte Schulter genommen haben. Die Tränen, die Menschen früher noch weinten, als ihnen das Kreuz gepredigt wurde, und ihnen aufging: "Da starbst Du für mich, für meine große Schuld und für jede einzelne Sünde, mit der ich an Gott und an meinen Mitmenschen schuldig geworden bin. Du hast dort meinen Platz eingenommen", diese Tränen... haben wir sie jemals geweint?

Wer sie nie geweint hat, der liebt wenig (Lukas 7,47), weil er noch nie in den dunklen Hintergrund seiner Verlorenheit geschaut hat, vor dem die Erlösungstat des Herrn am Kreuz erst so richtig hell erstrahlt. Wenn wir unsere völlige Verlorenheit erkannt haben, verstehen wir erst, warum es nötig war, dass der Sohn Gottes diesen grausamen Tod für uns sterben musste. Dann knien wir nieder und beten:

"Herr Jesus, Du Sohn des Allerhöchsten, vergib mir Sünder meine große Schuld, und dass ich bisher so leichtfertig mit Dir umgegangen bin. Du hast alles für mich gegeben. So will ich Dir alles geben. Mein ganzes Leben soll Dir gehören. Ich will Dir nachfolgen, wohin immer Du mich führen möchtest. Hilf mir zu diesem Gehorsam. Und danke, dass Du mich mit Liebe überschüttest, und mich angenommen hast als Dein Kind."

Wer so betet, der öffnet dem Herrn die Tür seines Herzens und wird erfahren, was der Herr in Offenbarung 3,20 zugesagt hat: "Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wenn jemand meine Stimme hört und die Tür öffnet, so werde ich zu ihm hineingehen und das Mahl mit ihm essen und er mit mir."

Wenn Er in unseren Herzen wohnt, dann ist Er selbst, und Sein Evangelium, das Teuerste und Liebste, was wir haben. Dann verstehen wir erst, was die teure Gnade von der billigen unterscheidet!

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